Erstmals werden in dieser Saison in allen 18 Arenen der Basketball-Bundesliga Wurfdaten erfasst. Sie ermöglichen einen tiefergehenden Einblick in die Wurfauswahl und somit auch in die Philosophie von Teams und Spielern.
Anfang des letzten Jahres schickte Jacob Rosen einen Tweet in die Welt: „Here’s the Evolution of Morey-Ball“, öffnete er. Angehängt war eine Auflistung ausgewählter Wurfstatistiken der Houston Rockets. Die vergangenen vier Spielzeiten der Texaner im Überblick. Viel aus der Zone und von hinter der Dreierlinie, wenig aus der Region dazwischen. „Goodbye, mid-range shots“, fügte Rosen an.
Morey-Ball ist dabei ein Wortspiel aus „Moneyball“, dem Buch, das den Baseball revolutionieren sollte, und Daryl Morey, dem General Manager der Houston Rockets. Denn was Moneyball für den Baseball war, versucht Daryl Morey auf den Basketball anzuwenden. Morey ist nicht nur Kopf einer Franchise, die unter seiner Führung 59,3 Prozent ihrer Spiele gewinnen konnte, er ist auch studierter Informatiker. Durch seine Affinität für Statistiken hat er die „Analytics-Revolution“ in der NBA – nicht alleine, aber als Galionsfigur – federführend vorangetrieben.
Der Begriff „Morey-Ball“ beschreibt deswegen seine Philosophie, Basketball zu spielen: viele Würfe in direkter Korbnähe, viele Dreier und nur wenige (weil ineffiziente) Mitteldistanzwürfe. Nicht jedes Team übernimmt diese Idee, die herrschende Meinung hat sie aber stark beeinflusst. Und dank des STATS-Player-Trackings kann man sie auch gut in Zahlen fassen. Aus welcher Distanz trifft wer wie gut? War der Wurf frei, bzw. wie weit stand der nächste Verteidiger entfernt? Kam der Schuss aus dem Dribbling oder war er vorbereitet? Das alles und noch viel mehr wird aufgezeichnet. Richtig interpretiert können diese Zahlen helfen, das Spiel besser zu verstehen, Spieler zu analysieren, Schwächen auszumerzen.
Nun hängt die BBL natürlich einige Jahre hinterher, wenn es um den Umgang mit und den Einfluss von Statistiken geht. Vor allem von erweiterten Statistiken, die in den USA eigentlich gar nicht mehr „advanced“ sind, weil sie lange schon im Meinungs-Mainstream angekommen sind. Zusätzlich gibt es in der Bundesliga (natürlich) keine ähnlich hochwertigen Technologien oder genügend Geld für Personal, um auch nur annähernd so umfassende Daten zu sammeln, wie sie den NBA-Teams, -Journalisten und -Fans zur Verfügung stehen. Aber auch in der BBL werden Wurfdaten erhoben – seit dieser Saison erstmals in allen 18 Arenen. Wurfauswahl ist also auch hier ein Thema, sofern man Interesse daran hat.
[Dieser Text ist Teil einer Kolumne, die ich exklusiv für CROSSOVER schreibe. Wer weiterlesen möchte, folgt einfach diesem Link.]