Das Team ist der Star

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In Berlin wird wieder Basketball gespielt. Basketball, der das Team in der Liga in Lauerstellung hinter dem Überflieger aus München und dem Serienmeister aus Bamberg platziert. Basketball, der die Albatrosse in Europa bis ins Eurocup-Viertelfinale geführt hat. Und vor allem Basketball, der den gebeutelten Fans in der Hauptstadt wieder Spaß am Spiel gelehrt hat.

Das Erfolgsrezept der Berliner ist eine herausragende Defensivleistung, dazu an anderer Stelle mehr. Offensiv sind sie die Anti-Rockets, nehmen mehr Würfe aus der Mitteldistanz als jedes andere Team und legen wenig wert auf das Spiel hinter der Dreier-Linie. Spielen die Albatrosse den Ball in die Zone, schließen sie hochprozentig ab (58,2 %) oder suchen den Weg an die Freiwurflinie, den nur zwei Teams noch öfter finden als sie.

Werfen wir einen Blick auf die Spieler, die sich im Teamverbund herausheben, positiv wie negativ.

Jan Jagla als Offensive Enforcer

Der Neuköllner Jung kehrt heim. Oder kehrte, vor der Saison. Begleitet von vielen Pfiffen; den Weltenbummler, der sich als letzte Destination die bösen Bayern ausgesucht hatte, wollte man nicht in der o2 World sehen. Das kollektive Fan-Herz aber erinnert schlecht und so war die Wurst… äh Wut schnell vergessen. Mit Recht. Zwar spielt Jagla weniger, als ihm lieb ist (was ihm allerdings bewusst war, bevor er unterschrieb), seine Rolle füllt er aber mehr als gut aus.

Natürlich hat er, wie schon immer, Tage, an denen so gar nichts läuft. Wenn sein Dreier nicht fällt, bleibt er blass. Diese schlechten aber werden immer weniger, die guten immer mehr. Pro 100 Ballbesitze erzielt Alba mit Jagla auf dem Parkett 28 Punkte mehr als der Gegner. Er ist kein Starter, seine Gegenspieler kommen ebenfalls von der Bank, aber mit 125,9 Punkten pro 100 produziert Jagla das beste Offensiv-Rating aller Albatrosse. Die Defensive bleibt mit ihm mehr als stabil und so erzielen die Berliner auf 40 Minuten gerechnet mit ihm 19,8 Punkte mehr als der Gegner, ebenfalls Bestwert. Ohne ihn liegt die Differenz bei gerade mal 6,8 Punkten.

Alba-Lineups OffRtg DefRtg NetRtg OREB% DREB% TREB%
mit Jagla 125,9 97,9 28,0 41,8 71,3 56,2
ohne Jagla 111,9 102,3 9,6 31,9 70,8 51,7

 

Die „Twin Towers“ als Defensive Stoppers

Der eine „das größte Talent im europäischen Basketball“ (Sasa Obradovic), der andere „der talentierteste Große in der nordamerikanischen Musikszene“ (Unbekannt). Robert Jerzy nannte sie gleich zu Saisonbeginn die „Twin Towers“. Leider konnte sich die Begrifflichkeit nicht durchsetzen, ist sie doch gleichermaßen passend wie gut vermarktbar.

Kendall produziert für sich genommen schon das beste Defensiv-Rating aller Berliner Aufstellungen (95,9 Punkte pro 100). Stellt Obradovic ihm aber Radosevic zur Seite, geht beim Gegner gar nichts mehr. 91,8 Punkte lassen die Berliner pro 100 Angriffe dann zu, ein unglaublicher Wert. Will Obradovic mehr Offensive, nimmt er Radosevic wieder raus und schiebt Kendall auf die 5. Naja, und noch mehr Defensive geht jawohl kaum. Kein Team lässt unter dem Korb weniger Punkte zu als Alba; die beiden sind der Hauptgrund.

Most Overrated vs. Most Valuable

David hier, Logan da. Wie oft fällt der Name, wenn es um Berliner Siege geht. Ja, Logan ist Top-Scorer der Albatrosse. Ja, er trifft seinen Dreier hochprozentig.  Ja, er ist ein wichtiger Pfeiler für Albas Erfolg. Nein, er ist kein Point Guard. Nein, er kann das Team nicht führen. Nein, er ist nicht Albas wichtigster Spieler.

Zugegeben, der Nein-Teil ist eine sehr subjektiv gefärbte Einschätzung. Fakt ist, dass Alba die wenigsten Turnover spielt, wenn Logan ohne Hammonds, also als uneingeschränkter Einser auf dem Parkett steht. Trotzdem: Alba möchte natürlich nicht auf Logan verzichten, hat aber mindestens drei Spieler, die wichtiger sind als er.

Der stille MVP

Seit seinem (fragwürdigen) Gamewinner gegen Bonn, der Alba den Weg ins Pokal-Halbfinale ebnete, bekommt Redding endlich die Beachtung, die er verdient. Einige werden sich seines MVP-Cases annehmen, wenn die Zeit gekommen ist, da kann man sich sicher sein.

Momentan fühlt man sich aber schnell auch Hammonds verplichtet, denn obwohl er nicht die großen Würfe nimmt, so bereitet er sie zumindest vor. Er verteidigt die besten Spieler der Gegner, statt ihnen Game-Winner ins Gesicht zu werfen. Ob das für den MVP reicht? Wahrscheinlich nicht. Aber die Zahlen zeigen, warum er dafür zumindest in Frage käme.

Alba erzielt  auf 40 Minuten hochgerechnet 12,9 Punkte mehr als der Gegner, wenn Hammonds das Spiel leitet, nur 6,4 Punkte, wenn er sitzt. Die Differenz ist Bestwert nach Jagla. Nur spielt Hammonds am Anfang und am Ende eines Spiels, steht stets gegen das Beste auf dem Parkett, was der Gegner zu bieten hat. Und vor allem deutlich länger.

Alba bereitet mehr Körbe vor, wenn Hammonds spielt, begeht weniger Turnover. Die Quoten steigen, vor allem im Dreier-Bereich von lausigen 27,7 % auf starke 37,5 %, wenn er das Feld betritt. Ersteres Rang 18 im Liga-Vergleich, letzteres Rang 4.

Er macht seine Mitspieler besser. Das, was man von einem Point Guard erwarten darf. Für einen MVP-Titel ist sein Abschluss zu schwach, außerdem drängt sich teamintern ein Redding noch eher auf. Trotzdem: Albas starke Saison ist zu einem großen Teil auch seiner Verpflichtung geschuldet.

WoBo

Wer den längsten Namen der Liga hat, darf sich mit kurzen Überschriften zufriedengeben. In Bonn hatte er den Heimvorteil, in Berlin muss er Profi sein. Und schnell hatten ihn die Hauptstädter auch ins Herz geschlossen. Von Beginn an verkörperte er eine Arbeitseinstellung, die im Laufe der Saison zum Markenzeichen der Albatrosse werden sollte.

Aber es ist ruhiger geworden um ihn. Die Sprechchöre verstummten, die Spielzeit wurde weniger, die Leistungen schwächer. Noch immer wirkt er oft verloren auf dem Spielfeld. Offensiv kann er heißlaufen, ist aber nicht nur von der Freiwurflinie limitiert. Und tatsächlich erzielt Alba mit ihm gut 10 Punkte weniger pro 100 Ballbesitze als ohne ihn.

Zwei Dinge aber sind es, die den Nachwuchs-Center im Team so wichtig machen: Alba ist das zweitbeste Rebounding-Team der Liga und Wobo ist Albas bester Rebounder. Vor allem am offensiven Brett dominiert er, greift 17,0 % aller Fehlwürfe ab; Jagla kommt als zweitbester Mann gerade mal auf 11,4 %. Dazu hat er bisher 99 Fouls gezogen, mehr als seine Big-Men-Kollegen Kendall und Radosevic zusammen. Und das in gut einem Drittel der Spielzeit.

Spieler Minuten OREB%
DREB% TREB%
Wohlfahrt-Botterman 330 17,0 14,9 16,7
Kendall 544 7,2 18,1 13,3
Jagla 323 11,4 12,5 11,8
Radosevic 406 7,2 12,5 11,0
King 497 6,8 13,2 10,8

 

Was nicht so läuft

Auch das beste Defensiv-Team der Liga hat seine Schwachstellen. Offensiv fügen sich Alex King und Vojdan Stojanovski gut ins Mannschaftsgefüge ein, defensiv aber fällt die Leistung der Albatrosse deutlich ab, wenn die beiden auf dem Feld stehen.

Mit Alex King auf dem Parkett kassiert Alba 107,9 Punkte pro 100 Ballbesitze und plötzlich fiele man hinter Teams wie Ulm oder Frankfurt zurück. Wenn King sitzt, ist man mit nur 94,8 Punkten wieder besser als der Rest. Vor allem, wenn er auf Power Forward spielt, fällt Albas Leistung deutlich ab.

Vojdan Stojanovski ist offensiv einer für die Fundamentals, defensiv fehlt ihm oft die Athletik gegen körperlich überlegenen Flügelspieler. 105,7 Punkte pro 100 kassiert Alba mit ihm, 96,9 Punkte ohne ihn.

Und noch etwas, das auffällt: In letzter Zeit lässt Obradovic Jan Jagla immer häufiger für einige Minuten als Center spielen. Warum, erschließt sich zumindest nicht sofort. Die Zahlen sind wenig belastbar, aber sie bestätigen den persönlichen Eindruck: Offensiv top, defensiv absoluter Ober-Flop.

X-Faktor: Team-Defense

Alba hat die beste Defense der Liga, und es ist nicht mal knapp. 98,1 Punkte pro 100 Ballbesitze lassen die Hauptstäder in dieser Saison zu, kein anderes Team hält seine Gegner unter 100. Sie forcieren schlechte Würfe und die meisten Turnover, im Defensiv-Rebound rangieren nur die Bayern und Würzburg vor ihnen.

Selbst verlieren die Berliner zwar sehr oft den Ball, verteidigen in diesen Situationen aber auch herausragend: 88,5 Punkte pro 100 Ballbesitze lassen sie nach Ballverlust zu, mit großem Abstand Liga-Spitze; genau wie nach Offensiv-Rebounds (89,1 zugelassene Punkte pro 100), nur dass der Vorsprung vor der Konkurrenz hier noch größer ist.

Defense DefRtg Rang Opp eFG% Rang Opp TOV% Rang DREB% Rang Opp FT/G Rang
Alba 98,1 1 46,8 1 22,1 1 72,2 3 23,8 4
Liga-Schnitt 108,1 51,2 19,1 69,7 21,1

 

Vor zwei Wochen hielt diese Defense die Bamberger bei 58 Punkten und einer ihrer schlechtesten Offensiv-Leistungen des Jahres. Sollte Alba das nochmal gelingen, gehört das Pokal-Halbfinale ihnen.

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