Playoffs 2014: Statistische Aufbereitung der Finals

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Wurfquoten, Offensivrebounds, Ballverluste, Freiwürfe – nach Dean Oliver sind dies die vier Faktoren, die (in abnehmender Gewichtung) über Sieg und Niederlage im Basketball entscheiden. Spiele, Serien, Meisterschaften. In den diesjährigen BBL-Finals behielt der FC Bayern München in drei dieser vier Kategorien die Oberhand, ging in vier Spielen drei Mal als Sieger vom Platz und sicherte sich so die erste Meisterschaft seit 1955. Als eines der besten Offensivteams der letzten 16 Jahre.

Es war das nicht unerwartete Aufeinandertreffen zweier Superlative. Die beste Offensive gegen die beste Defensive der Liga. Der MVP gegen den besten Verteidiger. Der Serienmeister vergangener Tage gegen den designierten Serienmeister der kommenden Jahre.

Auf dem Parkett sollten die Finals bei aller Intensität allerdings nicht unbedingt die antizipierte Spannung bieten. Es brauchte kein fünftes Spiel, um den Meister zu küren. Zwei der vier Spiele grenzten an Blowouts, die anderen beiden wurden zumindest nicht erst mit dem letzten Wurf entschieden.

Allerdings, und hier wurde das Basketballherz entlohnt, wurde der Zuschauer Zeuge zweier historisch guter Offensivreihen. Nur das Bamberger Team um Brian Roberts und P. J. Tucker war 2012 in einer Finalserie offensiv effizienter als die Bayern, nie war das verlierende Team im Angriff so stark wie Alba in diesem Jahr. Bayern rangiert an Platz 2, Alba an Platz 6 der stärksten Final-Offensiven der letzten 16 Jahre.¹

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Die zehn effizientesten Final-Offensiven der letzten 16 Jahre: Bayern an Platz 2, Alba an Platz 6.

Aber was hat die Offensiven so stark gemacht? Und was machte letztendlich den Unterschied?

Lineups

(Zu den fünf effizientesten Lineups der Playoffs geht’s hier entlang.)

Betrachtet man die Formationen, die für das jeweilige Team besonders gut funktionierten, so springen einem vor allem einige Lineups des Meistes ins Auge. Wie schon gegen Ende der Hauptrunde spielte Svetislav Pesic gerne kleine Aufstellungen, vorzugsweise mit Robin Benzing auf der Vier.² Hochgerechnet auf 100 Ballbesitze machte Bayern in diesen Aufstellungen 6 Punkte mehr als Alba, mit Benzing auf der Drei 30 Punkte weniger.³ Sowohl offensiv als auch defensiv war Bayern in den kleinen Aufstellungen deutlich überlegen.

Natürlich sind dies nur nominelle Werte: Offensiv mag Benzing auf Power Forward agiert, defensiv wegen seiner oft unterlegenen Physis zeitweise den Small Forward verteidigt haben. Die Grundtendenz wird aber deutlich. Und die zeigt zudem auf, dass Benzing in den Finals am besten funktionierte, wenn John Bryant neben ihm die Zone dichtmachte.

Wer in allen Kombinationen und auf jeder Position groß aufspielte, war Bryce Taylor. 110 Minuten stand Taylor in den Finals auf dem Parkett. Als Shooting Guard, Small Forward oder Power Forward. Offensiv erzielte Bayern 131 Punkte pro 100 Ballbesitze in dieser Zeit, defensiv kassierten sie nur 107 pro 100. Wenn Taylor allerdings saß, warfen die Münchner deutlich schlechter aus dem Feld, leisteten sich mehr Ballverluste, verloren den Rebound deutlich und gingen seltener an die Linie.⁴ Finals-MVP? Bryce Taylor hätte es verdient gehabt.

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Team-Statistiken des FC Bayern in den Finals mit vs. ohne Bryce Taylor auf dem Parkett.

Gewonnen hat vielleicht die Mannschaft mit der höheren individuellen Klasse, bis in die Finals spielten sich aber beide, weil sie vor allem als Team funktionierten. Kommen wir also für einen allgemeineren Teamvergleich zurück zu Dean Olivers Four Factors, denn diese geben – rein statistisch betrachtet – einen guten Überblick über das, was in den diesjährigen Finals für den FC Bayern entscheidend besser lief.

Quoten

Effektive Wurfquote⁵: Bayern 56,8 %, Alba 51,8 %.

Zunächst fällt der Blick auf das enorm hohe Wurfglück der Münchner – wobei man schwer von „Glück“ sprechen kann, wenn man über eine komplette Serie so gut trifft. Zwar nicht aus allen Lagen, aber vor allem von da, wo es am meisten weh tut. Denn beide Teams taten alles dafür, den Gegner nicht unter dem Korb punkten zu lassen. Und so wichen folglich beide Teams auch vermehrt in die Mitteldistanz und hinter die Dreierlinie aus.

Bei Alba wussten Hammonds, Stojanovski und Radosevic mit ihren Würfen zwischen Zonenrand und Dreipunktelinie zu überzeugen. Gerade Radosevic poppte häufig an die Freiwurflinie und versenkte seinen butterweichen Jumper hochprozentig. 13-für-18 (72,2 %) hieß es nach vier Spielen für ihn, eine unglaublich gute Ausbeute.

Auch aus dem Dreipunkteland lief es für Albas Verhältnisse gar nicht schlecht: Redding, Hammonds und King warfen allesamt Quoten jenseits der 40 %. Die sonst so sicheren Jagla und Logan hingegen schwächelten. Und so stagnierte Alba bei einer Dreipunktquote von 34 %.

Bayern hingegen konnte sich nicht wie gewohnt auf den so sicheren Wurf aus der Mitteldistanz verlassen, dafür lief es bei den Roten deutlich besser von außen. Sagenhafte 47 % ihrer Dreier fielen durch die Reuse, der höchste jemals geworfene Wert eines Teams in den Finals.⁶

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Wurfquoten der beiden Teams in den Finals, ursprünglich aus diesem Post.

Der die gesamten Playoffs schon so treffsichere Malcolm Delaney netzte über 40 % seiner Distanzwürfe ein, Bryce Taylor und vor allem Heiko Schaffartzik gar über 50 %. Und alle drei nahmen sie einen Großteil der Dreipunktwürfe der Münchner.

Unter dem Strich stand für Alba eine eher mäßige effektive Wurfquote von 51,8 %; für eine Playoffserie ist das zwar ein guter Wert, aber die Berliner blieben unter ihrem Saisonschnitt und auch unter dem, was sie gegen Ulm und Quakenbrück aufs Parkett legten. Bayern hingegen konnte sich mit guten 56,8 %eFG deutlich steigern, sowohl im Vergleich zur Hauptrunde als auch zu den ersten beiden Playoffrunden. Klar, Bayern verlor Spiel 2 trotz unglaublicher 60 % aus dem Feld. Ein Team aber, das über vier Spiele so gut trifft, ist nur schwer zu schlagen.

Offensivrebounds

Offensive Reboundrate⁷: Bayern 35,1 %, Alba 32,9 %.

Albas Big Men gehörten in der Regulären Saison zu den besten Offensivreboundern der BBL. Bayern hingegen war gut, ragte aber (zumindest in der BBL) keinesfalls heraus. In den Finals wendete sich das Blatt: Nicht nur reboundete Bayern besser am offensiven, sie nutzen ihre zweiten Chancen vor allem auch deutlich effizienter.

Für die Berliner war es in erster Linie Jan Jagla, der die wichtigen Abpraller in der Offensive sammelte. Trotz Bestleistung im Team blieb er aber deutlich hinter seinem Playoffschnitt zurück. Stattdessen avancierte Yassin Idbihi zum besten Offensivrebounder der Serie.⁸ 47 Fehlwürfe verzeichneten die Bayern mit ihm auf dem Parkett, 6 davon konnte er abgreifen. Das klingt nicht unbedingt bedeutend, macht aber einen Schnitt von 11,3 %; für eine Finalserie ist das ein sehr ordentlicher Wert.

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Die besten individuellen Reboundraten in den Finals, sortiert nach OREB%.

Tatsächlich waren es vor allem die von Pesic meistgespielten Aufstellungen um Delaney, Schaffartzik, Taylor und Thompson, die sowohl mit Bryant als auch mit Idbihi auf Center das offensive Brett dominierten.⁹

Ballverluste

Turnoverrate¹°: Bayern 20,2 %, Alba 12,1 %.

Keine einfachen Punkte für den Gegner, das gilt spätestens in den Playoffs. Gerade der FC Bayern war das ganze Jahr über darum bemüht, das Spiel temporeich zu gestalten, mit seinen schnellen und athletischen Spielern ins Rennen zu kommen. Den Münchnern ihre Fastbreakpunkte zu nehmen, in erster Linie also unnötige Ballverluste zu vermeiden, war für Ludwigsburg und Oldenburg schon oberste Devise gewesen. Und auch Alba konnte diesen Teilaspekt gut umsetzen.

Nur 12 % der Berliner Angriffe endeten in einem Ballverlust; in den ersten beiden Runden lag ihr Schnitt noch bei 17 %. Vor allem mit Hammonds im Aufbau kontrollierte Alba die Pace, machte das Spiel langsam und verlor nur selten den Ball. Mission geglückt also.

Die Bayern hingegen hatten gegen Albas Presse mitunter große Probleme im Ballvortrag. Vor allem in den ersten beiden Spielen warfen sie den Ball weg, wie man es bis dato so gar nicht von ihnen gesehen hatte. Pünktlich zur wichtigsten Phase des Jahres. 45 Punkte kassierten Pesic‘ Mannen auf diesem Wege in den Spielen 1 und 2, Alba nur 20. Zwar sprang dabei nur ein Sieg für die Berliner heraus, aber die offensichtliche Anfälligkeit der Bayern machte Mut. In den Folgepartien allerdings bekam Pesic sein Team in den Griff, nach Ballverlusten ließ Bayern insgesamt nur noch 17 Punkte zu.

Alba gewann also die Ballverluststatistik, und das sogar deutlich. In der zweiten Hälfte der Serie konnten sie ihre Ballgewinne allerdings nicht mehr effektiv in Punkte umwandeln.

Freiwürfe

Freiwurfrate¹¹: Bayern 62,1, Alba 33,3.

Freiwürfe. Das große Thema dieser Finals, wenn nicht der gesamten Playoffs. In der deutschen Schiedsrichterszene kommt erst Robert Lottermoser und nach ihm lange nichts. Das ist kein neues Problem, wurde aber in der Postseason ersichtlich wie nie. Trotzdem: Die Bayern bekamen nichts geschenkt. Das Problem ist nicht in einer gewissen Parteilichkeit der Schiedsrichter zu suchen, sondern in fehlender Entscheidungssicherheit allgemein. Und die trifft immer beide Teams, erst recht im Verlauf einer Playoffserie.

Nun kann man argumentieren, dass Bayern über die Serie hinweg deutlich mehr Fouls zog und deutlich öfter an die Linie ging. 32 Freiwürfen pro Spiel für Bayern standen nur 21 Freiwürfe für Alba gegenüber. Klar ist da ein Ungleichgewicht. Wer diesen Unterschied aber auf die Schiedsrichterleistung zurückführt, der verkennt die völlig unterschiedlichen Spielsysteme, die dem zugrunde liegen. Kein Team spielte so aggressiv wie Bayern, hatte einen Point Guard, der in so hoher Frequenz zum Korb zog, oder Big Men, die die Zone so dominieren konnten. Und wer den Ball unter den Korb bringt, der zieht mit hoher Wahrscheinlichkeit auch viele Fouls. In der Defensive stellte Bayern die Zone zu und zwang den Gegner zu Jumpshots. Und Jumpshooter werden nicht gefoult. Bayerns Freiwürfe waren schlicht systembedingt – ein probates (und offensichtlich erfolgreiches) Mittel.

Hinzu kommt, dass die Berliner nicht erst in den Finals große Probleme mit ihrem Foulmanagement hatten (s. hier). Ulm, ein sehr wildes Team, das gerne auf den Dreier geht, deckte mitunter eklatante Schwächen der Berliner Verteidigung auf. Das Foul wurde zu oft zur letzten Option, den Angriff zu stoppen. Die Artland Dragons, Halbfinalgegner der Berliner und beileibe kein Team, das sein Glück an der Freiwurflinie sucht, taten es den Ulmern gleich: Auch sie zogen deutlich mehr Fouls als die Berliner und gingen deutlich öfter an die Linie.

Die vielen Fouls, die die Berliner in den Playoffs und gerade in den Finals gaben, waren nicht unbedingt Zeichen ihrer so intensiven Defense. Im Gegenteil: Viel zu oft wussten sie sich einfach nicht anders zu helfen.

Fazit

Dass Albas Verteidigung deutlich mehr Ballverluste forcierte, konnte ihre Defizite in anderen Bereichen nicht überspielen. Bayerns Würfe fielen hochprozentig, vor allem der Dreier auf historisch hohem Niveau. Die Münchner griffen sich einen größeren Teil der verfügbaren Offensivrebounds und erarbeiteten sich deutlich mehr Freiwürfe, die sie zudem sicherer verwandelten.

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Vier Faktoren, drei davon pro Bayern. „Der Wille, diese Faktoren zu kontrollieren, führt zu einem erfolgreicheren Team,”¹² sagt Dean Oliver selbst über seine Four Factors. Und der FC Bayern war in diesem Jahr völlig verdient das erfolgreichste von allen.

 

Fußnoten

¹ Für die Zeit vor 1998 stehen leider keine Statistiken zur Verfügung.
² 36 Minuten Spielzeit in den Finals.
³ 41 Minuten Spielzeit in den Finals.
⁴ Ohne Taylor: OffRtg 96 Punkte pro 100 Ballbesitze, DefRtg 134 pro 100. Natürlich stand Taylor nicht alleine auf dem Feld, die Zahlen sind immer auch Ergebnis des Zusammenspiels mit seinen Mitspielern. Trotzdem ist es ein Indikator für seinen Wert.
⁵ Berechnet mit ein, dass der Dreipunktwurf eine höhere Punkteausbeute ermöglicht, und gewichtet ihn deshalb schwerer.
⁶ Wieder: Länger als bis zur Saison 1998/99 reichen die Aufzeichnungen nicht zurück.
⁷ Anteil der eigenen Fehlwürfe, die ein Team (oder Spieler) selbst reboundet.
⁸ Unter allen Spielern mit min. 30 Minuten Spielzeit.
⁹ Offensive Reboundraten nach Lineup: Delaney, Schaffartzik, Taylor, Thompson, Bryant 43,8 %; Delaney, Schaffartzik, Taylor, Thompson, Idbihi 40,0 %.
¹° Ballverluste pro 100 Ballbesitze.
¹¹ Anzahl der Freiwürfe pro 100 Wurfversuche.
¹² „Striving to control those factors leads to a more successful team.“ (Dean Oliver, Basketball on Paper, S. 338).

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