„Alle für die F5nf“, heißt es pünktlich zu Playoff-Beginn in Bamberg. Seit 2010, als ein gewisser Tibor Pleiß „Rookie des Jahres“ wurde, holten die Brose Baskets alle vier Meistertitel; natürlich schreit das Selbstverständnis im Club und bei den Fans in diesem Jahr nach Nummer fünf. Zwar droht der über so viele Jahre gemeinsam erfolgreiche Kern der Mannschaft nach der Saison zu bröckeln, für einen letzten Lauf rauft Chris Fleming seine treuen Begleiter um Anton Gavel, Casey Jacobsen und John Goldsberry aber noch einmal zusammen. Und dank gezielter Nachverpflichtungen im Laufe der Saison dürfen die Bamberger auch erneut einen ernsthaften Blick auf die Trophäe werfen.
Auf dem Weg zum „Five-peat“ kriegen es die Franken in der ersten Runde mit den Artland Dragons zu tun. Die Quakenbrücker sind ein ungemütlicher Gegner, der die Saison zwar „nur“ auf dem siebten Platz beendet hat, mit Ausnahme von Ulm aber jeden Playoff-Teilnehmer schlagen konnte. Der Heimvorteil liegt bei Bamberg, die Dragons haben allerdings unter anderem in München, Ludwigsburg und Bonn gezeigt, was sie auch in der Ferne zu leisten imstande sind. Ob sie sich auch gegen die „Freaks“ in der Brose Arena beweisen können, wird sich zeigen. Die peitschten ihr Team in dieser Saison zu 15 Siegen aus 17 Heimspielen; lediglich die Duelle gegen München und Oldenburg gaben die Baskets ab.
Bambergs Stärke: Offensivrotationen, Defensive mit Fischer
Offensiv haben sich die Bamberger seit der Verpflichtung von Jared Jordan jedenfalls noch einmal deutlich gesteigert, funktionierten aber auch in seiner (verletzungsbedingten) Abwesenheit sehr gut. Mit John Goldsberry und Anton Gavel hat Fleming immer eine gute Alternative im Spielaufbau zur Verfügung. Bamberg hat die Ruhe, den Ball laufen zu lassen, bis er den richtigen Empfänger findet. Ihre Guards ziehen zum Korb, können dort selbst abschließen oder auf den freien Mann ablegen – kein Team trifft aus der Nahdistanz hochprozentiger als die Baskets. Offensiv machen sie vieles richtig, trotzdem agieren sie nicht auf dem (zugegeben unglaublich hohen) Niveau der vergangenen Jahre.
Dafür konnten sie sich im Vergleich zum Vorjahr defensiv stark verbessern. Mit 100,2 Punkten pro 100 gegnerischen Ballbesitze stellen sie die zweiteffizienteste Defensive der Liga; seit Chris Fleming D’Or Fischer für die Schichten unter dem Korb einteilt, findet man die Bamberger hier sogar noch vor Berlin an erster Stelle. Ihre funktionierenden Defensiv-Rotationen und die starken Mann-gegen-Mann-Verteidiger – Gavel und Karsten Tadda gegen die kleinen, Fischer und Rakim Sanders gegen die großen Gegner – sorgen für schlechte Würfe und schwache Quoten, vor allem in der Zone und aus dem Drei-Punkte-Land. Zudem verschuldet Bamberg wenige Freiwürfe und kassiert somit auch wenige einfache Punkte von der Linie.
Artlands Offensive: stark aus der Distanz, schwach unter dem Korb
Letzteres wird gegen die Dragons vielleicht ohnehin nicht zum Faktor werden. Denn die von David Holstongeführte Offensive der Quakenbrücker geht so selten an die Linie wie sonst niemand in der Liga. Stattdessen verlassen sie sich lieber auf den Dreier, der in dieser Spielzeit mit spielerischer Leichtigkeit zu fallen scheint. Vier Akteure treffen über 40 Prozent von „Downtown“ (sechs, wenn man Anthony King und Mustafa Abdul-Hamid hinzuziehen möchte), Power Forward Lawrence Hill trifft gar herausragende 50 Prozent aus der Distanz (müsste sich in einem Gesangsduell aber Jamar Smith geschlagen geben, siehe Video oben). Von hinter der Dreierlinie heißzulaufen, kann jedes Spiel entscheiden, gerade wenn man das Clutch-Gen eines Holston in seinen Reihen weiß – München oder Ludwigsburg können verschiedenste Lieder davon singen.
Natürlich wird Quakenbrücks Shooting die Bamberger defensiv vor einige Probleme stellen. Trotzdem wäre es vielleicht zielführender – weil weniger risikoreich –, die Bamberger unter dem Korb zu attackieren. Hier fehlt den Dragons aber ein bisschen Power. Auf den großen Positionen laufen Anthony King und Kenneth Frease auf, beide mit unglaublicher Präsenz unter dem eigenen Korb. Gerade Frease ist aber keiner, der offensiv dominiert. King hat zwar einiges im Repertoire und wird D’Or Fischer mit seinem Spiel in der Halbdistanz aus seiner Komfortzone locken. Je näher es aber zum Korb geht, desto weniger wird er Fischer entgegensetzen können.
Holston wiederum kann zum Korb ziehen, aber ob seiner Größe nur schwer gegen Bambergs Big Men abschließen. Der Pass raus auf den Flügel ist da oft eine bessere Option. Lawrence Hill wartet wegen seines sicheren Wurfes eher an der Dreierlinie als in der Zone. Und Brandon Thomas ist zwar ein Spieler, der im Eins-gegen-Eins den Korb attackieren kann, aber auch er wirft lieber von außen.
Nein, offensiv sind die Dragons in Korbnähe einfach zu limitiert, nicht umsonst nehmen nur zwei Teams (der MBC und Würzburg) noch weniger ihrer Würfe aus der Nahdistanz. Und die wenigen, die sie nehmen, werden D’Or Fischer, Rakim Sanders und Co. zu verteidigen wissen.
Defensiv streiten sich die Artländer mit Ludwigsburg um die ineffizienteste Verteidigung aller Playoff-Teams: 108,1 erlaubte Punkte pro 100 Ballbesitze für den Gegner sind nur Mittelmaß in der Beko BBL. Als Team lassen sie zu viele Offensiv-Rebounds und Punkte in der Zone zu.
Prognose
Individuell werden King und Frease den Bambergern das Spiel unter dem Korb zwar schwer machen, aberAntonio Graves oder Bastian Doreth können Gavel und Jordan nicht halten. Auf dem Flügel ist Thomas dem bulligen Sanders unterlegen, auch für Elias Harris könnte es dank seiner Athletik zu einer guten Serie werden, in der er wichtiges Selbstvertrauen tankt.
Bamberg gegen Quakenbrück bedeutet Teambasketball vom feinsten. Hier das Inside-Spiel der Baskets, dort die hochprozentigen Dreier der Dragons. Für den Zuschauer wird’s eine schöne Serie, über den Drei-Punkte-Wurf hinaus aber wird Quakenbrück der starken Verteidigung der Bamberger zu wenig entgegenzusetzen haben. Die Baskets werden den ersten Schritt Richtung Titelverteidigung machen.
Bamberg in vier.
Anmerkung: Den Artikel habe ich für CROSSOVER geschrieben, wo er dementsprechend auch als erstes erschienen ist. Wie immer besten Dank dafür! Direktlink hier.