Seien wir ehrlich … Der BBL-Allstarday ist eine Farce. Mit Paul Zipser und Niels Giffey haben die ersten beiden Vermarktungs-Zugpferde bereits abgesagt, weitere werden garantiert folgen. Wie in jedem Jahr. Denn: In dieser Form nimmt den Schautag kaum jemand ernst. Gerade die Coaches nicht. Andrea Trinchieris Schützlinge Patrick Heckmann, Daniel Theis, Nicolo Melli, Darius Miller und Brad Wanamaker spielten Dienstagabend in Bremerhaven, Freitagabend zu Hause gegen Kaunas … und sollen Samstagmittag einen auf gute Laune machen? Wer plant sowas?
Dass es beim Fanvoting nicht um Leistung geht, ist klar. Und das ist auch gut so. Zumindest, wenn es um die Spieler geht. Dass die Liga die Idee des positionslosen Basketballs dabei auf die Spitze treibt, ist aber die erste massive Schwachstelle im System: Ohne jede Vorgabe könnten problemlos fünf Point Guards oder Center in die Startaufstellungen der Teams gewählt werden. Nebenbei bemerkt: Da die Positionsvorgaben auf der Ligaseite aber ohnehin nur am Rande etwas mit der Realität zu tun, bleibt ihnen vielleicht gar keine andere Möglichkeit …
Die Coaches ebenso auf der BBL-Seite wählen zu lassen, bescherte Denis Wucherer eine wohlverdiente Nominierung, Sasa Obradovic‘ Steinzeit-Basketball allerdings auch mehr Stimmen als Raoul Korners ausgeklügeltem Offensivsystem.
Das viel größere Problem aber ist, was im Anschluss geschieht: Die beiden (von den Fans gewählten) Trainer füllen ihre Kader in Eigenregie auf. Und dabei wohl eher der eigenen Agenda folgend als gewissenhaft und objektiv nach höchster Qualität strebend. Jeder will seinen eigenen Spielern eine Pause verschaffen … wenn das nicht möglich ist, soll wenigstens auch der Erzrivale seine besten Akteure abstellen müssen.
So kommt es Jahr für Jahr zu zweifelhaften Nominierungen und noch zweifelhafteren Nicht-Nominierungen. Das ohnehin schon schwache Konzept mutiert zu einem nicht mal gut gemeinten Trainingsspiel vor 6.000 Zuschauern. Warum nicht alle Coaches über die sieben Bankspieler pro Team abstimmen lassen? So macht es die NBA, und von dort wurde die gesamte All-Star-Idee doch ohnehin nur importiert.
Es sollte darum gehen, die 24 besten Akteure der Liga zu versammeln und gegeneinander antreten zu lassen. Auch in der NBA gibt es fragwürdige Entscheidungen, aber alle lassen sich in irgendeiner Form objektiv rechtfertigen. In der BBL findet sich Jahr für Jahr eine gehörige Portion Willkür auf dem Meldebogen wieder.
Wie sähen also zwei tatsächlich nach Leistungen aufgestellte Kader aus? Bestehend aus je zwei Point Guards, vier Flügelspielern und vier Big Men (sowie zwei Akteuren beliebiger Position). Ein tatsächliches Basketballteam also, bei dessen Zusammenstellung die Coaches keinerlei perfiden Plan verfolgen und Spieler tatsächlich Lust haben anzutreten. Aus der Bezeichnung „Allstar“ würde vielleicht sogar wieder eine Auszeichnung. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint sie eher eine Bürde.
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